Paal – Milch für Chennai
2011: Indien - Besser leben mit Milchvieh
Milchvieh für ein besseres Leben – das Projekt der Martinusaktion 2011 in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner Kolping International
Mary Pitchai lebt in Chennai im indischen Bundesstaat Kerala und ist stolze Besitzerin einer Milchkuh. Sie liebt ihr Tier, und das liegt nicht nur daran, dass sie die Kuh eigenhändig aufgezogen hat. Die beiden haben quasi einen Pakt geschlossen: sie pflegt das Tier, und die Kuh verhilft Mary und ihrer Familie zu einem besseren Leben. Wie das?
Jeden Morgen melkt Mary ihre Kuh. An guten Tagen gibt sie fünf Liter und abends weitere drei Liter. So viel Milch brauchen Mary, ihr Mann und ihre zwei Kinder gar nicht. Sie behalten nur zwei Liter, der Rest wird verkauft. 15 Rupien (0,25 €) bekommt Mary für einen Liter frischer Kuhmilch. So lässt sich mit einer guten Kuh ein Einkommen von etwa 1,50 € pro Tag erwirtschaften.
Eigentlich hätte sich Mary keine eigene Kuh leisten können. Ihre Familie kam mit dem Geld, das sie und ihr Mann als Hilfsarbeiter verdienten, nicht über die Runden. Eine Investition in eine Kuh schien undenkbar. Doch als Mitglied der vor Ort aktiven Kolpingsgruppe erhielt sie einen Zuschuss für den Kauf von Milchvieh: 8000 Rupien (ca 130 €) sollte die Kuh, damals noch ein Kälbchen, kosten. Mary bekam vom Kolpingregionalverband einen Kredit in Höhe von 5000 Rupien (81 €). Den Rest konnte sie von Erspartem beisteuern. Zusätzlich wird die Kuh gegen Krankheiten oder Straßenunfälle versichert. Würden die Bauern diese Versicherung nicht abschließen, wären die Kosten für Medikamente und einen Tierarzt nicht aufzubringen. Jede Kuh mit einer Kranken – und Lebensversicherung erhält am Ohr einen gelben Clip. Auch Marys Milchkuh ist so gekennzeichnet.
Mary hat Glück, ihre Kuh war noch nie krank. Das sei die Regel, sagen die Kolpingsmitarbeiter, die die Bauern betreuen. Die Menschen auf dem Land haben nicht nur sehr viel Erfahrung in der Viehzucht, sie bekommen bei der Vergabe einer Kuh oder einer Ziege auch Tipps zur Tierpflege. Damit Marys Kuh weiterhin Milch gibt, muss sie kalben. In einem Monat wird sie den Deckbullen bestellen. Mary muss dem Bauern dann rund 100 Rupien (1,60€) für die Besamung ihrer Kuh bezahlen. In neun Monaten ist dann ein neues Kälbchen auf der Welt – und die Milch fließt weiter. Das Kalb will Mary abgeben, um den Kredit von Kolping Indien zurückzuzahlen. Sie muss das Tier dafür nicht verkaufen, sondern kann es als Sachwert an Kolping übergeben. Das zurückgezahlte Geld fließt einem Fond zu, mit dessen Mitteln weiteren bedürftigen Familien der Kauf von Milchvieh ermöglicht werden kann.
Millionen von Menschen leben in Südindien unter katastrophalen Bedingungen. Besonders in den ländlichen Gebieten sind die Kinder chronisch unter- und mangelernährt. Auch die Erwachsenen leiden unter Armut und Not. In den letzten Jahren hatten die Menschen zudem mit einer lang anhaltenden Dürre zu kämpfen. Außerdem waren weite Teile dieses Landstriches von der Tsunami-Katastrophe betroffen. Der überwiegende Teil der indischen 1.186 Kolpingsfamilien ist im Süden Indiens angesiedelt. Die mehr als 22.000 Kolpingmitglieder gehören fast ausschließlich der untersten Kaste an, gehören somit zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Das Kolpingwerk Indien führt mit dem Milchvieh-Projekt in dieser Region eine effiziente Form der Armutsbekämpfung durch. Denn eine Milchkuh verbessert die Ernährung spürbar. Dies kommt besonders den Kindern zugute. Mit den Einnahmen, die der Verkauf der Milch erwirtschaftet, können wichtige Ausgaben bestritten werden, beispielsweise die Schulausbildung der Kinder, Medikamente im Krankheitsfall etc. Bekommt die Kuh Nachwuchs, kann das Jungtier verkauft werden und ermöglicht dann durch den Verkauf des Kalbs neue Investitionen. Dies nutzen die Familienväter oder – mütter zum Beispiel, um sich selbständig zu machen, um die Ausbildung ihres Kindes zu bezahlen oder einfach, um endlich ein Haus mit einem festen Dach zu bauen. So kommt ein ganzer Kreislauf von positiven Veränderungen in Gang, der die Lebensbedingungen der Menschen auf Dauer entscheidend verbessert. Die Familien, die eine Kuh erhalten, erbringen 25 Euro der Kosten als Eigenleistung. Die restlichen Kosten übernimmt das Internationale Kolpingwerk.
Hier Eindrücke des Aktionswochenendes: