Mama i detena, Leben bewahren – schützen – retten

2002: Ukraine - Leben bewahren - schützen - retten in der Ukraine

Mama i detena, Leben bewahren – schützen – retten

Die Martinus-Aktion 2002 steht unter dem Motto „MAMA I DETENA, Leben bewahren – schützen – retten“ und wurde bereits am 1. Juli offiziell begonnen. Unser Projektziel besteht darin, ein Ultraschallgerät zu finanzieren, das dringend in der gynäkologischen Abteilung des III. Krankenhauses benötigt wird. Die Wartung des Gerätes ist gewährleistet.

Der Auftakt zur Martinus-Aktion 2002 stand im Zusammenhang mit einem Empfang ukrainischer Gäste durch Herrn Bürgermeister Emil Frank, der 10 ukrainische Jungen und Mädchen und ihre drei Begleiter in Aldenhoven herzlich willkommen hieß. Der unmittelbare Kontakt zu Menschen, die zweieinhalb Wochen in hiesigen Gastfamilien gelebt haben, war und bleibt wichtig für die Durchführung der Martinus-Aktion. Kindergärten und Schulen werden sich an Gespräche und gemeinsame Unternehmungen mit den Gästen aus unserer Projekt-Stadt Lemberg erinnern und daraus sachliche und emotionale Impulse nehmen.

Jülicher Nachrichten, 3. Juli 2002

Die Besuchswochen wurden auch genutzt, mit ukrainischen Partnern die Martinus-Aktion vorzubereiten.

In den beiden „Schlagzeilen“ unseres Mottos kommt der Leitgedanke unserer diesjährigen Martinus-Aktion zum Ausdruck, die sich nach Lemberg in der Ukraine richtet. Es geht darum, das Leben von Müttern zu bewahren, zu schützen und zu retten, damit Kinder in der Liebe und Sorge ihrer Mütter aufwachsen können. Diese Intention spricht das Motto MAMA I DETENA (ukrainisch ‚Mutter und Kind‘) an.

Unser Projektziel besteht darin, ein Ultraschallgerät zu finanzieren, das dringend in der gynäkologischen Abteilung des III. Krankenhauses benötigt wird. Die Wartung des Gerätes ist gewährleistet.

In der gynäkologischen Abteilung mit 100 Betten werden jährlich etwa 5.000 Frauen behandelt, davon 40 % Schwangerschaftsunterstützung, 30 % Tumorbehandlung, 20 % Entzündungen im Krebsvorstadium, 10 % Sonstiges. Ungefähr 400 Operationen werden im Jahr unter primitiven Voraussetzungen durchgeführt.

In der gynäkologischen Abteilung sind 10 Ärzte tätig. Der Monatslohn eines Arztes beträgt 55 EURO, der einer Krankenschwester 30 EURO, wobei die Lebenshaltungskosten den hiesigen entsprechen.

Seit 1985 leitet der 56jährige Oberarzt Dr. Wladimir Iwanowitsch Tschelak die gynäkologische Abteilung. Er ist der vertrauenswürdige Kontaktmann vor Ort. Als weitere Vertrauenspersonen, die der evangelischen Gemeinde Aldenhoven bekannt sind, gelten Angelika und Rostislav Holovko.

Das Ehepaar Holovko gehörte zum Team der Begleiter einer zehnköpfigen Kindergruppe aus Lemberg, die zweieinhalb Wochen mit ihren Gastfamilien den Alltag erlebt, Unterricht mit Gastgeschwistern besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen, in Kindergärten und Schulen vom Leben in Lemberg erzählt haben. Am 14. Juli hieß es: Abschied nehmen in einem bewegenden und hoffnungsfrohen Gottesdienst in der evangelischen Kirche.

In seiner Predigt gab Pfarrer Charles Cervigne der Begegnung zwischen ukrainischen und deutschen Menschen etwas an zeitgeschichtlicher und religiöser Tiefe. Neues sei begonnen und behutsam und spürbar ausprobiert worden. Unterschiede im Fühlen und Denken, in Lebensumständen und Erfahrungen habe man wahrgenommen. Doch man sei nicht auseinander gelaufen, sondern sei zusammen geblieben und zusammen gerückt. Gemeinsam sei man auf Lebenswertes gestoßen und habe von Gott geschenkte Zeit und Geborgenheit geteilt.

Charles Cervigne deutete nicht nur auf einige Spuren wechselseitiger kultureller Bereicherung, sondern verschwieg auch nicht die schmerzliche Vergangenheit und die Schwere der Schuld, die Deutsche und Ukrainer gleichermaßen tragen. ‚Beide Länder wurden judenfrei. Beide Länder drangsalierten ihre Minderheiten. Und beide Völker stellten sich als treue Vasallen in den Dienst der Großmächte.‘ Die Umkehr ‚vom bösen Feind da drüben‘ zum Nachbarn, der ‚in Frieden leben, Heimat haben, Zukunft gestalten, die eigene Kultur pflegen‘ will, gelänge nicht durch ‚Geschwätz und Getue‘, vielmehr ‚durch alltäglich gelebte Liebe‘. Sie sei die machtvolle Kraft gegen Hass, der aus Angst, Unkenntnis und Vorurteilen entstände und von nationalradikalen Populisten und Rassisten geschürt werde.

‚Ich bin sicher‘ – griff der Pfarrer die Intention der Begegnung zwischen Menschen aus Lemberg und Aldenhoven auf – ‚ihr werdet die Wochen in euren Herzen bewahren, ihr seid gegen jede Form des Hasses gegen Andersartige gewappnet.‘ Er dankte allen, die dieses Experiment ermöglicht und mitgetragen hatten.

Um die Predigt als spirituellen Kern des Gottesdienstes rankten sich heitere und besinnliche Elemente, die immer wieder Beifall hervorriefen. Temperamentvoll boten Iryna und Ostop in folkloristischen Kostümen einen ukrainischen Volkstanz dar und spielten auf typischen Flöten schnelle Melodien aus drei Volksliedern. Als erstaunlich reife Leistung erwies sich Alinas Klavier-Vortrag der ‚Kinder-Polonäse‘ von Franz Schubert. Anneliese Malischewski vermittelte mit ihrem Handglockenchor musikalische Hochgnüsse durch die zeitgenössischen Stücke ‚A Canticle of Praise‘ (C. William Goff), With Timbrel and Dance ‚Psalm 150‘ (Magaret R. Tucker) und ‚Relevations‘ (Hall H. Hobsen). Große farbenprächtige Bilder hatten Mädchen und Jungen aus Lemberg gemalt, mit denen sie an einen Aufenthalt im Vennhaus, an eine Fahrt auf dem Rhein, an Ausflüge zum Kölner Zoo, zum Brückenkopf-Park in Jülich und zur holländischen Küste sowie an einen Besuch im Glasmalerei-Museum Linnich erinnerten.

In der Tagesstätte ‚Regenbogen‘ hatten Lemberger und Aldenhovener Kinder gemeinsam einen langen Fries ausgemalt, der nun in der Kirche hing und wichtige Stationen der Reise zeigte. Pfarrer Cervigne schilderte an Hand des großen Wandbildes die weite Strecke, die am nächsten Tag 18 Stunden dauern und über deutsche, polnische und ukrainische Straßen führen würde. ‚Wir werden euch nicht vergessen‘, sagte er, bevor er den Reisesegen spendete.

Erinnerungen an Erlebnisse und Gespräche werden besonders in den Gastfamilien wach bleiben, aber auch in Kindergärten und Schulen weiterleben. So hatte beispielsweise der Kindergarten ‚Arche‘ dazu eingeladen, gemeinsam Waffeln zu backen und danach Flugzeuge zu basteln. Jedes ukrainische Kind erhielt als Geschenk ein paar Dinge, die gut für die Schule zu brauchen sind.

In der Gemeinschaftsgrundschule Aldenhoven hörten Jungen und Mädchen den Gastschülern aus Lemberg zu, als sie von ihrem Schulalltag erzählten und ihn mit hiesigen Unterrichtssituationen verglichen.

Bei der diesjährigen Martinusaktion MAMA I DETENA zugunsten der gynäkologischen Station eines Lemberger Krankenhauses werden solche Erfahrungen dazu beitragen, eine Brücke zwischen Aldenhovenn und Lemberg aus einer unmittelbaren menschlichen Beziehung heraus zu schlagen und zu festigen.

So sieht der Terminkalender der Martinus-Aktion 2002 aus:

Am 19. September wird um 14:00 Uhr in der Gemeinschaftsgrundschule Aldenhoven eine ‚Didaktische Börse‘ für Kindergärten und Schulen angeboten. Hierbei werden Materialien vorgestellt: Poster aus Lemberg, CDs mit ukrainischer Musik, typische Rezepte, Märchen, kunsthandwerkliche Gegenstände, Broschüren und Sachinformationen von RENOVABIS, schließlich ein Video-Film über die gynäkologischen Abteilung, den das Ehepaar Holovko erstellt hat; dazu gibt es einen Kommentar in deutscher Sprache.

Ideen über einen Fackelwettbewerb sollen ausgetauscht werden. Dabei ist geplant, die Fackeln in Schaufenstern von Geschäften im Zentrum eine Woche vor dem Martinsfest auszustellen und sie am vor den Fackelzügen abzuholen und den Kindern auszuhändigen. Eine Jury unter Vorsitz des Bürgermeisters soll gebildet werden. Präsentation und Siegerehrung erfolgen auf dem Martinus-Markt.

Die öffentliche Vorstellung des Projektzieles findet im Rahmen eines ‚Ukrainischen Abends‘ am 4. Oktober um 19,30 Uhr im Evangelischen Gemeindezentrum Aldenhoven statt. Frau Angelika Holovko kommt eigens aus Lemberg, um für ‚ukrainische Atmosphäre‘ (Dekoration, Musik, Speisen) zu sorgen. Ein in den Niederlanden lebender ukrainischer Musiker hat zugesagt, typische Lieder auf dem Akkordeon vorzutragen.

Pfarrer Charles Cervigne, der mehrfach vor Ort gewesen ist, liefert gemeinsam mit Frau Angelika Holovko die erforderlichen Sachinformationen und führt dazu den Video-Film auf Großleinwand vor.

Das Martinus-Wochenende wird am 9. und 10. November veranstaltet. Am Samstag (9.11.) herrschen Fackelzüge, Martinsfeuer im Römerpark und das Spiel von der Mantelteilung vor, das die Käthe-Kollwitz-Realschule in der katholischen Pfarrkirche darbietet.

Auf dem Martinus-Markt nimmt ein ‚ukrainischer Stand‘ mit Kunsthandwerk aus Lemberg einen herausragenden Platz ein. Bevor am Sonntag (10.11.) das Markttreiben beginnt, wird um 10:30 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst in der Kirche St. Martinus gefeiert, zu dem wieder Gäste der Moschee eingeladen sind. Auch in diesem Jahr bringt die Tanzpädagogin Iris Freudenthal mit einer Gruppe der Gemeinschaftsgrundschule Aldenhoven das Motto der Martinus-Aktion als zentrale Botschaft tänzerisch zum Ausdruck.


Die Rückmeldung dieses Projektes steht hier.